Eines der größten Probleme bei der Bearbeitung von Notrufen ist die Ermittlung des Standortes. Gerade wenn der Notruf über Mobilfunk in der Rettungsleitstelle eingeht, ist es dem Disponenten nur über eine genaue Abfrage möglich in Erfahrung zu bringen, wohin die Rettungskräfte entsendet werden sollen („Wo genau ist der Notfallort?“). In Extremsituationen kann aber der Notrufende meist sehr schwer oder ungenau erklären, wo er sich befindet. Hier kann „AML“ helfen den Notrufenden genau zu Orten.
AML – Was ist das und wie funktioniert es?
Advanced Mobile Location (kurz AML, zu Deutsch: fortschrittliche mobile Ortung) ist ein Dienst in modernen Smartphones, welcher bei der Wahl des Notrufes die aktuelle Position übermittelt. Das Mobiltelefon erkennt dabei wann es sich um einen Notruf handelt (z.B. Wahl der 112), aktiviert die interne Ortungsfunktion (GPS) und sendet die Positionsdaten automatisch zur Notrufzentrale. Die Übermittlung erfolgt wahlweise über das Internet (LTE, UMTS, EDGE oder WLAN) oder als Daten-SMS. AML ist keine separate App, sondern ist direkt in das Betriebssystem des Smartphones integriert.
Welche Smartphones unterstützen AML?
Google unterstützt AML in seinen Android-Smartphones bereits teilweise ab der Version 2.3 (in Abhängigkeit vom Hersteller des Smartphones). Vollständig wird es bei allen Android-Smartphones mit Android One und Android 10 unterstützt. Google selbst spricht dabei vom sog. „Emergency Location Service“ (ELS). Apple hat bereits seit längerem angekündigt AML in sein mobiles Betriebssystem iOS (für iPhones) zu integrieren. In Deutschland ist die Freischaltung mit einer der nächsten iOS-Versionen geplant (wahrscheinlich iOS 13.1.1 oder höher) mit der Veröffentlichung von iOS 13.3 erfolgt. Die Untersützung von anderen Herstellern wie z.B. Microsoft ist nicht bekannt.
Und in Deutschland?
In Deutschland betreiben die integrierte Leitstelle in Freiburg (Freiburg-Breisgau-Hochschwarzwald) und die Feuerwehr Berlin zwei Endpunkte, an welche alle AML-Daten durch die Smartphones übertragen werden. Das Verfahren ist datenschutzrechtlich geprüft und freigegeben. Alle Rettungsleitstellen können über eine gesicherte Datenverbindung die Notrufdaten abrufen, sofern sie über einen entsprechenden Zugang zum System verfügen. Die Daten liegen für max. eine Stunde vor und werden primär per Datenverbindung vom Smartphone an die Server übertragen. Die Übertragung mittels Daten-SMS befindet sich aktuell in der Umsetzung. Die Übermittlung der Notrufdaten ist kostenfrei.
Was wird übermittelt?
Da die Sensoren des Smartphones nicht sofort die genaue Position ermitteln können, werden während des Notrufes die aktuellen Standortdaten mehrfach gesendet. So wird eine möglichst genaue Angabe zur aktuellen Position erreicht. Die ersten Daten werden gesendet sobald sie verfügbar sind, dann jeweils ca. 10, 20, und 30 Sekunden nach wählen des Notrufes. So können im besten Fall insgesamt 4 Datensätze mit folgenden Informationen übertragen werden:
- Nummer des Notrufenden
- gewählte Notrufnummer (112)
- Zeitpunkt der Wahl des Notrufes
- Positionsdaten (Breiten- und Längengrad)
- Höhe in Metern
- Genauigkeit der Daten
- Quelle der aktuellen Position (GPS, Wifi)
- Richtung und Geschwindigkeit des Notrufenden (wenn in Bewegung)
Welche Vor- und Nachteile gibt es?
Vorteile:
- AML ist schneller, einfacher und vor allem genauer als die bisher genutzten Techniken zur Ortung von Notrufen (vgl. Standortermittlung nach TR-Notruf)
- Es ist im Betriebssystem der Smartphones integriert und bedarf keiner zusätzlichen App. Einfach 112 wählen.
- Datenschutz ist gewährleistet.
Nachteile / Grenzen:
- Ältere Smartphones und Mobiltelefone unterstützen AML nicht.
- Wenn keine Netzverbindung besteht können auch keine Daten (Standort) übertragen werden.
- Die Ortung über Wifi (WLAN) kann fehlerhaft sein, wenn der WLAN-Router kurz zuvor an einem anderen Standort verbaut war.
Wie viele Notrufe können geortet werden?
Seit August 2019 prüfen wir für jede Mobilfunknummer – welche die 112 wählt – ob Ortsungsinformationen vorliegen. Anfangs lag die Trefferquote bei ca. 15 %. Die Tendenz ist stark steigend. Mit Stand vom 11.12.2019 konnten bereits 41 % aller Notrufe (über Mobilfunk) punktgenau geortet werden.
Wie geht es weiter?
Die Leitstellen in Brandenburg arbeiten gerade daran, AML in Ihre Systeme einzubinden. Ziel ist eine automatische Abfrage der Positionsdaten bei Eingang des Notrufs (per Mobiltelefon) in der Leitstelle. Bis dahin wird eine Übergangslösung verwendet, die eine Manuelle Abfrage der Daten ermöglicht.
Die mehrere Leitstellen (darunter die Leitstelle Lausitz) haben AML bereits in einer ersten Ausbaustufe in das Einsatzleitsystem integriert, so dass eine automatische Ortung möglich ist. Hierbei werden fiktive Einsatzmittel auf der Karte dargestellt, die der aktuellen Position des Notrufenden entsprechen. Der Disponent sieht das Einsatzmittel im Einsatzleitsystem und kann dann den Einsatzort zielgenau erfassen.
Skripte zur Abfrage durch Rettungsleitstellen
Die Skripte zur Nutzung von AML wurden veröffentlicht und können kostenfrei von jeder Rettungsleitstelle genutzt werden. Sie müssen jedoch über Zugangsdaten zum AML-Endpunkt verfügen.